Neben ausreichendem Abstand sollen auch Masken das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus senken. Foto: Pixabay/Tumisu
(CB) Quasi im Corona-Krisen-Modus sei in den letzten Wochen in unterschiedlichsten Bereichen der Arbeits- und Lebenswelt Neues entstanden. Nicht immer musste dafür das Rad neu erfunden werden, an vielen Lösungsansätzen wird längst in anderen Zusammenhängen geforscht. Das IAT steuert Aspekte aus seiner Forschungsarbeit bei, die sich auf die Gesundheitsversorgung wie auch auf Maßnahmen zur Abwehr der ökonomischen und sozialen Folgen beziehen. Der „Corona-Shutdown“ erweise sich dabei auch als Chance, mit den neuen Erkenntnissen und Ideen zukünftig die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Vor allem die Telemedizin könne Arztpraxen und Kliniken nachhaltig entlasten. Videosprechstunden tragen in der Krisensituation deutlich dazu bei, dass bestimmte Berufsgruppen relativ gefahrenfrei arbeiten können. Telemedizin kann helfen, Krankenhaus-Einweisungen bei Herzinsuffizienz zu verhindern und Risiko-Patienten zu Hause zu versorgen, sodass Klinik-Kapazitäten für Notfälle vorgehalten werden können. Videosprechstunden helfen zudem, niedergelassene Ärzte zu entlasten und Infektionsrisiken für Praxispersonal oder im Wartezimmer zu vermeiden. Das Besuchsverbot in Altenheimen verschärft die Problematik deutlich. Handelsübliche digitale Technologien wie Smartphone oder Tablet ermöglichen hier Kontakte zu Angehörigen trotz Besuchsverbot.
Die digitale Gesundheitsversorgung biete, so das IAT, Vorteile nicht nur vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie, sondern zeige vielmehr Potenzial, auch nach der aktuellen Krise die gesundheitliche Versorgung zu verbessern. Der Corona-Exit erfordere nicht nur für die „systemrelevanten Berufe“, sondern für Wirtschaft und Arbeitswelt generell den Aufbau und die Weiterentwicklung von Strukturen, Lösungen und Kapazitäten, die mehr Gesundheit und präventive Strategien in der Arbeitswelt verankern. Hier sind von digital gestützten Lösungen zur Gefährdungsbeurteilung über Prävention und Unterstützung für Erwerbstätige mit gesundheitlichen Risikofaktoren bis hin zu Präventionsprogrammen für das Arbeiten im Home-Office und Kinderbetreuung vielfältige Lösungen möglich.
Auf der Suche nach einer Exit-Strategie dürften Gesundheit und Wirtschaft nicht gegeneinander ausgespielt werden, warnt das IAT. Klar ist, dass die Maßnahmen zur Reduktion der Infektionszahlen im Vordergrund stehen müssen. Denn es ist eine kulturelle und humanistische Leistung, dass die Gesellschaft bereit ist, extreme Einschränkungen hinzunehmen, um gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Wahrnehmen sollte man aber auch andere Auswirkungen des Shutdowns: Bessere Luftreinheit und weniger Lärm sind spürbare Nebeneffekte des Lahmlegens der Wirtschaft und des sozialen Lebens. Vor dem Hintergrund dieser Qualitäten wird eine soziale und ökologische (!) Marktwirtschaft zukünftig nicht um Begriffe wie die „reduktive Moderne“ herumkommen.
Kurz danach legt das IAT ein Impulspapier zur Aufwertung systemrelevanter Berufe vor: Es braucht mehr Investitionen in soziale Dienstleistungen, mehr Aufmerksamkeit für die Zusammenarbeit der Berufe, für bessere Arbeitsbedingungen und Einkommen, für neue attraktive Aufgaben und Qualifizierungswege, für Arbeits- und Gesundheitsschutz und für eine bedarfsgerechte Digitalisierung. Der IAT-Datenreport basiert auf einer Sonderauswertung des WSI-„LohnSpiegels“. Betrachtet werden Löhne, Gehälter und Arbeitsbedingungen in systemrelevanten Berufen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gehälter in diesen Tätigkeiten insgesamt unter dem Durchschnitt liegen, was der gesellschaftlichen Bedeutung der Arbeit nicht entspricht. Hinzu kommt: Neben dem allgemein als zu niedrig empfundenen Einkommensniveau sind auch die Unterschiede innerhalb einzelner Berufsfelder immens. Die Beschäftigten in den systemrelevanten Berufen arbeiten zudem im Durchschnitt 6,3 Wochenstunden mehr als vertraglich vereinbart. In den übrigen Berufen gibt es dagegen durchschnittlich rund 1,2 Überstunden pro Woche.
Risikogruppen digital schützen
Das IAT wies darauf hin, dass das Risiko für schwere Verläufe von Covid-19 nicht nur mit dem Alter zusammenhängt, sondern vielmehr mit Komorbiditäten. Diese beträfen etwa Covid-19-Patienten, die unter chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD litten. Diese haben einen über 6-fach häufiger schweren Krankheitsverlauf und werden über 10-fach häufiger auf einer Intensivstation behandelt. Auch bei Patienten mit Bluthochdruck (ca. 2,5-fach), Diabetes (ca. 3-fach), Herzerkrankungen (ca. 3-fach) oder Schlaganfällen (ca. 4-fach) ist das Risiko schwerer Krankheitsverläufe wesentlich höher als bei anderen Patienten. Oft kommen zudem mehrere Risikofaktoren zusammen. Besonders wichtig sei daher eine optimale Versorgung der Patienten, bei der die Digitalisierung helfen könne mit Videosprechstunden und Telemedizin. Diese zu nutzen sei vor dem Hintergrund, dass das Virus noch länger vorhanden sein wird, ein wesentlicher Bestandteil der Krisenbewältigung. Das IAT will zusammen mit medizinischen Partnern wie der „DEGEDI Deutsche Telemed“ entsprechende Lösungen organisieren.