Impfen oder nicht: Das Institut „Arbeit und Technik“ sammelte Erfolgsfaktoren, um Impfvorbehalte zu überwinden. Foto: pixabay
(CB) Im März tauschten sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinneninnen sowie Verantwortliche aus Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft darüber aus, welche Argumente Menschen mit Vorbehalten gegen Covid-19 Impfungen anbringen und wie solche Vorbehalte überwunden werden können. Gastgeber der Online-Veranstaltung waren das Institut „Arbeit und Technik“ (IAT), die Gesundheitswirtschaftsorganisation des Ruhrgebiets „MedEcon-Ruhr“ sowie das „Netzwerk Deutsche Gesundheitsregionen“ (NDGR e.V.). Wissenschaftlich-empirische Studien wurden vorgetragen vom IAT, vom Robert-Koch-Institut (RKI), von der Universität Kassel sowie der Ruhr-Universität Bochum. Beiträge von Praktikern und Praktikerinnen kamen aus der Gesundheitsregion Nordwest/Bremen, dem Ruhrgebiet und Sachsen sowie aus der Altenhilfe und der Integrationspolitik.
Zentrale Erkenntnisse der Veranstaltung waren: In Deutschland gibt es einen großen Anteil (mehr als 10 Prozent) von Menschen mit Vorbehalten gegen Covid-19-Impfungen. Bei einem Teil von ihnen (knapp der Hälfte) geht dies auf Fehlinformationen, Unwissen oder auf Unsicherheiten zurück und kann gegebenenfalls durch geeignete Überzeugungsaktivitäten überwunden werden. Bei anderen sind die Vorbehalte massiv und beruhen auf kaum nachvollziehbaren Motiven, Argumenten und Überlegungen. Unter den noch nicht geimpften Personen sind Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich vertreten. Gleichwohl zeigt sich, dass diese Personen oft aus Unwissenheit nicht geimpft sind und sich durch gezielte Information überzeugen lassen. Regionale und kommunale Aktivitäten zur Überwindung von Impfvorbehalten funktionieren am besten, wenn sie dezentral, quartiersnah angelegt sind, die Muttersprache der Bewohner und Bewohnerinnen sprechen, auf Kommunikation und nicht auf Druck setzen, das Gemeinschaftsgefühl und die Gemeinschaftsverantwortung adressieren, aufsuchend ausgerichtet sind, die Unterstützung von Schlüsselpersonen in „Peer Groups“ nutzen können, wissenschaftliche Unterstützung haben, etwa durch Public-Health-Experten und -Expertinnen, und wenn berücksichtigt wird, dass Menschen mit Migrationshintergrund kontextreiche Kommunikation schätzen und von direkten deutschen Ansprachewegen irritiert werden.
Die oben genannten Erfolgsfaktoren sind keine Erfolgsgarantien. Sie machen Hoffnung, haben sich in etlichen Fällen bewährt (unter anderem in Bremen), waren aber keineswegs überall befriedigend wirksam. In Einrichtungen der Altenhilfe werden hohe Impfquoten dann wahrscheinlich, wenn sich das Management intensiv kümmert – etwa durch Vorbildverhalten, personalisierte Ansprache, ein eingespieltes betriebliches Gesundheitsmanagement.
Die Veranstaltung von IAT, „MedEcon-Ruhr“ und NDGR zum Austausch über sozialwissenschaftlich-empirische Erkenntnisse über Menschen mit Impfvorbehalten war die erste ihrer Art in Deutschland. Und auch der überregionale Austausch zu Vorgehensweisen zur Überwindung von Impfvorbehalten war eine Premiere und es wurde der Wunsch geäußert, den Austausch fortzusetzen.