Perspektiven aus der Wirtschaftspsychologie

Kai Externbrink bei einem Vortrag

In seinem Vortrag über „Systemische Führung in Organisationen“ diskutierte Prof. Dr. Kai Externbrink die Vor- und Nachteile der Complexity Leadership Theory für die Führungsforschung. Foto: WH/Kai Externbrink

Ende Februar 2023 fand an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen die 26. Fachtagung der „Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie (GWPs)“ statt. Die Fachtagung befasste sich mit dem Thema „Krisen meistern, Ressourcen aufbauen, Nachhaltigkeit stärken: Perspektiven aus der Wirtschaftspsychologie“. Die Teilnehmenden diskutierten, welche Beiträge die Wirtschaftspsychologie in Krisenzeiten für die Arbeits- und Organisationsgestaltung sowie für die Erklärung und Veränderung von Konsumverhalten liefern kann. Auch die Westfälische Hochschule war mit Beiträgen von Prof. Dr. Kai Externbrink aus dem Gelsenkirchener Fachbereich Wirtschaft vertreten.

In seinem Beitrag „Beauty in the job“ befasste sich Prof. Dr. Kai Externbrink mit einer „Untersuchung zur Auswirkung von Attraktivität auf Vertrauenswürdigkeit im Kontext kontraproduktiven Arbeitsverhaltens“. Darin geht es darum, dass das äußere Erscheinungsbild einer Person oft einen Einfluss darauf hat, wie sie von anderen wahrgenommen wird. In der Studie wurde untersucht, ob physische Attraktivität auch Auswirkungen darauf hat, wie Fehlverhalten von Mitarbeitenden beurteilt wird. Es wurde analysiert, ob attraktive Mitarbeitende trotz Fehlverhaltens als vertrauenswürdiger wahrgenommen werden als unattraktive Mitarbeitende und ob eine Bestrafung bei unattraktiven Mitarbeitenden als angemessener empfunden wird als bei attraktiven Mitarbeitenden. Die Studie ergab, dass die physische Attraktivität einen Einfluss auf die Bewertung des Fehlverhaltens hat. Bei interpersonal schädigendem Verhalten wurde eine Kündigung bei der attraktiven Mitarbeiterin als angemessener empfunden, während bei organisational schädigendem Verhalten eine Kündigung bei der unattraktiven Mitarbeiterin als angemessener bewertet wurde. Aus den Ergebnissen wurden praktische Implikationen und Vorschläge für zukünftige Forschungen abgeleitet.

Ein weiterer Beitrag hatte die Bedeutung der emotionalen Intelligenz für den Zusammenhang zwischen Machiavellismus und Karriereerfolg zum Thema. Machiavellismus als Persönlichkeitsmerkmal umfasst neben Misstrauen und Zynismus, das Streben nach Macht und Kontrolle sowie eine ausgeprägte Manipulationsbereitschaft zur Durchsetzung eigener Interessen. Im Berufskontext zeigen Machiavellisten nur geringes Commitment zur Organisation, widmen sie aber intensiv ihren persönlichen Karrierezielen von Status, Einfluss und der Anhäufung von Vermögen. Mikropolitisches Taktieren, hartes Verhandeln und unethische Praktiken prägen ihren Interaktionsstil. Dabei ist aber nicht davon auszugehen, dass Machiavellisten auch tatsächlich einen höheren Karriereerfolg erzielen. Vielmehr zeigt sich diesbezüglich eine inkonsistente Befundlage, denn in Studien mit Stichproben aus Deutschland zeigen sich nur gelegentlich bedeutende Korrelationen mit der tatsächlichen hierarchischen Position und keine Zusammenhänge mit dem Gehalt. Die Untersuchung ist der Frage nachgegangen, welche Variablen den Unterschied zwischen erfolgreichen und erfolglosen Machiavellisten in Organisationen ausmachen. Die durchgeführte Studie ergab, dass die emotionale Intelligenz mitentscheidet, ob Machiavellisten in Organisationen erfolgreich beziehungsweise nicht erfolgreich sind. Emotionale Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu erfassen, korrekt einzustufen und zielorientiert zu beeinflussen. Dies reiht sich ein in erste Befunde zu organisationalen Moderatorvariablen, die nahelegen, dass Machiavellisten immer dann an Einfluss verlieren, wenn ihre manipulativen und unethischen Praktiken durch Transparenz in der Organisation sichtbar werden (etwa durch eine längere Organisationszugehörigkeit) oder ein stärkeres Augenmerk auf die Compliance im Unternehmen. 

(Yvonne Gather)